Legende

Köln hat viele Legenden! - Eine der bekanntesten ist die Geschichte von “Jan un Griet”, eine Liebesgeschichte der verpassten Gelegenheiten.
Im Dreißigjährigen Krieg arbeitet Jan, ein Bauernsohn vom Niederrhein, “zo Köllen em ahlen Kümpchens-Hoff”. Oft denkt er über die Zukunft nach und wünscht sich einen eigenen Hof mit Land und Tieren. Aber es drängt ihn auch hoch zu Ross fremde Länder kennenzulernen. Dennoch weiß er wo er hingehört – nicht zuletzt wegen der schönen Magd Griet.
Eines Tages nimmt er seinen Mut zusammen und macht ihr einen Heiratsantrag. Aber Griet stellt sich etwas Besseres vor, sie will einen Mann, der ihr mehr bieten kann als ein Knecht. Sie lacht Jan aus: “Was glaubst Du, wer Du bist? Was kannst Du mir schon bieten? Ich suche mir den Richtigen aus, wenn ich heiraten will. Das bist Du bestimmt nicht!”

Mit einem Schlag werden Jans Träume zerstört. Trotzig beschließt er, Ruhm und Ehre zu erlangen und so Griets Herz zu erobern. Als Söldner schließt er sich den Spaniern an, die im Krieg mit den Niederlanden stehen. Die Jahre gehen ins Land und aus dem Knecht Jan wird Jan von Werth. Er steigt in der militärischen Rangordnung stetig auf: Feldwebel, Rittmeister, Obrist und schließlich General. Das anfängliche Ziel einer raschen, erfolgreichen Heimkehr ist längst zerronnen und auch die Bilder der schönen Griet sind verblasst.
In Köln verfolgt man die Karriere des Reiter-Generals gespannt, denn seine Truppen halten Handelswege offen für das Geschäft mit Kriegsgütern und anderen Waren.
1637 ist deshalb ein besonderes Jahr für die Stadt. Jan von Werth und seine Männer haben die Festung Ehrenbreitstein von den Franzosen befreit, die lange den Zugang zum Oberrhein kontrollierten und so Kölns Handel blockierten. Nun können die Rheinschiffe ihre Fracht wieder unbehelligt und sicher rheinaufwärts befördern. Eines Tages verbreitet sich eine Nachricht wie ein Lauffeuer: “Dä Jan vun Wäth kütt noh Kölle”.
Die ganze Stadt ist auf den Beinen. Am Tor durch das er einreiten wird, versammeln sich die Neugierigen. Händler haben ihre Stände mit frischen Waren aufgeschlagen und hoffen auf gute Geschäfte. Dabei ist auch Griet, die nun Marktfrau ist. Ihr Haar ist inzwischen grau und der Glanz ihrer einstmals strahlenden Augen von leiser Wehmut getrübt. Sie hat nicht gefunden was sie suchte. Kein Mann mit “jet an de Föß” hat je um sie gefreit.

Unter dem Jubel der Menge reitet Jan von Werth durch das Stadttor, dicht gefolgt von seiner Eskorte. Plötzlich entdeckt er die Liebe seiner Jugend und steigt vom Pferd. “Bes do et, Griet?” fragt er und setzt leise hinzu: “Et is lang her, sehr lang”.
Sie stellt wehmütig fest: “Jan, jetz bes do Jeneral”.
Jan von Werth lächelt sanft und sagt: “Griet, wer et hätt gedonn!”
Griet seufzt und antwortet: “Jan, wer et hätt gewoß!”
Der Ausruf „Wer et hätt jewoss, der et hätt jedonn!" bezeichnet in der Domstadt auch heute noch eine verpasste Gelegenheit.

„Jan und Griet“ (1838)

Zo Köln em ahle Kümpchenshoff wonnt ens nen Boorschmann;
Dä hattèn Mähd, die nannt sich Griet, ne Knäch, dä nannt sich Jan.
Dat Griet, dat wor en fresche Mäd, Grad wie vun Milch un Blot,
Dä Jan, dat wor ne starke Poosch, däm Griet vun Hätze got.
Ens säht hä: Sag, esu säht hä, Sag, Griet, ben ich Deer räch?
Nemm mich zo´m Mann, do beß en Mähd, un ich, ich ben ne Knäch.
Dö säht it: Jan, do beß ne Knäch, un ich en schöne Mähd,
ich well ne´n däft´ge Halfter han met Oehß un Köh un Päd.
Un als dä Jan dä Kall gehot, do trook hä en der Kreeg,
Schlog immer düchtig en dä Feind, holf wenne mänche Seeg.
Wie wider hä noh Kölle kom, soß hä op statsem Päd.
Dä Jan, dä wor ne Feldmarschall, dä große Jan vun Wäth.
Un wie hä an de Pooz no kom, sooß en der Pooz dat Griet;
Et sooß vör einem Appelkrom, wo it Kuschteie briet.
Un als dä Jan dat Griet dät sinn, leet stell si Päd hä stonn, un jrößten it un säht zo ihm:
Griet, wer et hätt jedonn!
Un als dat Griet dä Jan dät sinn, su blänkig usgeroß, do größt`it in un säht zo im:
Jan, wer et hätt gewoss!
Ehr Mädcher all, och merkt üch dat, un sid nor nit zo fried;
gar mäncher hät et leid gedonn, dat Leed vum Jan un Griet.

Nach einem Volkslied von Karl Cramer (1807-1860)